Friedensstifter

geschrieben von admin am 11. Februar 2011
Kategorie: Aktuelles


Fragt der Richter den Zeugen: „Warum haben sie denn nicht als Friedensstifter eingegriffen, als die beiden Raufbolde aufeinander losgingen?“ Antwortet der Zeuge reumütig: „Es war leider kein Knüppel mehr da…“
Kommen wir zur nicht weniger téliméléschen Realität. Denn manchmal wird auch mir der Knüppel des Friedensstifters zwischen die Beine geworfen.
Wie vorgestern, als Tanti Oumou mir traurig mitteilte, dass ihr Ehemann Alpha den zweitältesten Sohn Mamadou rausgeworfen hatte. Jener Filius kämpft seit schon seit einigen Jahren gegen innere spätpubertäre Emotionsgewitter. Mit mehr oder weniger Erfolg. Ehrlich gesagt, meist mit weniger.
Krisenauslöser war dieses Mal der winzige Wunsch des bulligen Teens nach einem eigenen Moped. Es wurmte ihn mächtig, dass er zusammen mit seiner älteren Schwester auf dem Familienfeuerstuhl in die Schule reiten musste. Anstatt dankbar zu sein, dass er die drei Kilometer nicht per Pedes absolvieren muss, begann er seinen persönlichen Streik – und schwänzte eine Woche die Schule.
Sein Papa, pädagogisch wie Pestalozzi, ließ den Sohn daraufhin von der Polizei abholen und einen halben Tag ins Loch sperren. Diese „In-den-Stock“-Schocktherapie ist hierzulande ziemlich beliebt und wird von den uniformierten Volkserziehern fröhlich forciert. Bei Mamadou zeigte die Behandlung kontraproduktive Ergebnisse: Am selben Abend hob er sowohl Stimme als auch Hand gegen den Vater – und flog raus.
Nun bat Tanti Oumou ausgerechnet mich, bei ihrem Mann die Wogen zu glätten… Ich griff mir den revoltierenden Rabauken, der die letzten beiden Nächte bei einem Freund verbracht hatte. Vor seiner Haustür ließ ich ihn stehen und begann, die Geschehnisse unter vier Augen mit dem Familienvater zu erörtern. Mit wenig Erfolg. Nach zwanzig Minuten verließ den Sohn die Geduld und er kam ins Zimmer. Aber wie: Er warf sich flach auf den Bauch, robbte an die Füße des Vaters heran und begann sie zu küssen. Ziemlich ungewohnte Bilder für einen emotionspuritanischen Europäer, wie mich. Im Hintergrund schlichen Ehefrau und Mutter des Herrn Papa heran und untermalten die Szene mit ihrem Klagegeschrei: ein Gemisch aus Schandtaten-Aufzählung und der Bitte, dem Jungen trotzdem zu verzeihen. Wollte der Vater aber nicht. „Keine seiner Bosheiten kann mich noch überraschen.“ – „Aber vielleicht sein anständiges Benehmen?“, warf ich mein letztes Argument in die wogende Waagschale… Möglicherweise hatte der Vater auf eine solche Brücke gewartet, denn endlich bekam der Sohn ein weiteres Mal Bewährung – und durfte wieder einziehen.
Und auch wenn die Wortgewaltigen mich darauf hinweisen werden, dass „Versöhnung“ etymologisch mit „Sühne“ verwandt ist – ich bin fest davon überzeugt, dass das Wort nicht nur zufällig an den verlorenen Sohn erinnert. Und an den Vater, der mit offenen Armen seinen verlorenen Söhnen und Töchtern entgegen läuft…

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