Streichen, sägen, fasten.

geschrieben von admin am 28. August 2009
Kategorie: Aktuelles


Derzeit lesen sich unsere Nachrichten, wie das Drehbuch zu „Hör mal wer da hämmert“. Denn nachdem sowohl Tischler als auch Maurer erfolgreich das Geld für ihre mehr oder weniger erfolgreich beendeten Renovationen einkassiert hatten, lechzten nun die Innenräume des Studienzentrums nach einem Anstrich.
Den bekamen sie in der letzten Woche auch verpasst. Ganz gruppendynamisch – mit Unterstützung unserer Studenten. Mehr als ein Dutzend junger Leute halfen uns. Aus Freundschaft – und für einen Teller Reis mit Soße.
Gut, es mag auch eine Rolle gespielt haben, dass im afrikanischen Kontext vom Schüler erwartet wird, dass er dem Lehrer gefälligst zur Hand geht. Wer sind wir, dass wir uns dagegen wehren…
Wir wendeten das altbekannte „Tom Sawyer“-Prinzip an und erzählten unseren jungen Freunden, wie unglaublich toll es sich anfühlt, wenn der eigene Farbroller über die Wand rast oder der Fuchsschwanz seine Bahnen durchs Holz zieht. Es brauchte so gut wie keine Überzeugungsarbeit – die Jungs und Mädels rissen sich förmlich um die Werkzeuge. Und so schwangen sie mit uns die Pinsel, sägten Holzleisten und klebten Bilderahmen für die Poster, die nun die Wände verschönern.
Besonders die Malerei hatte es in sich. Die Nachwuchsmaler schleuderten die Pinsel und Roller, wie Picasso höchstpersönlich. Die Farbe wurde dabei nicht nur über Wand und Decke, sondern genauso freigiebig über den Fußboden und die Anstreicher verteilt. So gründlich, dass wir am Ende des Tages alle mehr oder weniger wie echte Bleichgesichter aussahen.
Und wenn so auch die farblichen Unterschiede kurzzeitig beseitigt waren – die religiösen traten bald darauf wieder zutage. Denn wir zwei Christen essen. Das ist seit dem Wochenende tagsüber in Télimélé nicht selbstverständlich. Am Samstag begann der Ramadan, der islamische Fastenmonat. Was dadurch angekündigt wurde, dass die Moschee in der ersten Nacht nonstop elektrisch verstärkten arabischen Gebetsrap abspielte. Wir waren vorbereitet und hatten Schaumgummi-Ohrstöpsel neben dem Bett liegen.
Deshalb störten uns auch die um halb vier klappernden Kochtöpfe nur bedingt. Die werden noch in der Nacht aufs Feuer gesetzt, um den Fastenden vor Sonnenaufgang zu einem prächtig gefüllten Magen zu verhelfen. Übrigens gilt diese Mahlzeit im Dunkeln nach islamischer Rechtslehre als sehr empfehlenswert. Danach gibt’s allerdings den ganzen Tag nichts zu essen und nichts zu trinken. Und weil Muslime etwa ab der Pubertät fasten, geht eine unsichtbare Trennlinie durch unsere Jugendlichen. Da gibt es die, die essen.
Und die, die fasten. Schweigen wir über die, die heimlich essen – nach diversen Schätzungen unserer (muslimischen) Freunde, mehr als die Hälfte.
Interessanterweise gilt sowohl unser Haus als auch unser Auto bei einigen Leuten als fastenfreie Zone. Ist ja auch zu hart, wenn die Bleichgesichter Mittag essen… und die Gäste zugucken sollen. Nun, es ist ihre freie Entscheidung – beziehungsweise, die ihres Magens. Guten Appetit!

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