Was dem Tischler recht, ist dem Maurer billig

geschrieben von admin am 13. August 2009
Kategorie: Aktuelles


Ich bin einer jener Spießbürger, der beim Durchschreiten von Baumärkten glänzende Augen bekommt. In meinem Geist entstehen dann sofort prächtige Luftschlösser der Kategorie „Wenn ich nur genügend Zeit, Geld und Ahnung hätte“.
Nun. Wir sind wieder in Guinea. Und auch ohne Zeit, Geld und Ahnung muss man hierzulande „Heimwerk“ eher als „Auswärtsdesaster“ umschreiben.
Zum einen fehlt das Material. Die hiesigen Läden (Gebrüder Diallo und Co.) bringen die Augen weniger zum Glänzen als zum Tränen. Zum anderen fehlen gut ausgebildete Facharbeiter. Besitzt ein Mann eine Putzkelle, dann nennt er sich Maurer. Schippe und Eimer zum Beispiel benötigt er nicht – die muss ihm der Arbeitgeber besorgen. Verfügt ein Mann über eine Säge, dann ist er Tischler. Okay, das war übermäßig vereinfacht. Er braucht auch noch einen Hobel.
Romy und ich besitzen sowohl Hammer, Meißel, Säge als auch Maurerkelle. Aber wir sind ja bekanntermaßen nicht als Handwerksbetrieb nach Guinea gekommen.
Es ist einer der fettesten Fallstricke für Europäer in der Fremde, alles hübsch selbst und hübsch hübsch machen zu wollen. Zum einen vertrödelt man auf diese Weise eine Menge Zeit auf Nebenschauplätzen. Zum anderen behauptet das politisch korrekte und klobige Wort „Entwicklungszusammenarbeit“ irgendwie zu Recht, dass Ausländer und Einheimische zusammen arbeiten, damit sich daraus irgendetwas entwickelt. Wenn’s gut ist – umso besser.
Also arbeiten auch wir gerade mit einem Maurer (er hat eine Kelle) und einem Tischler (er hat sieben Lehrlinge) zusammen.
Der Tischler hat eine Zwischendecke im Center eingezogen, damit die Temperaturen im Raum erträglicher werden und man sich auch bei Regen auf dem Blechdach ohne Megafon verständigen kann. Ein Meisterwerk der Spanplattenverlegekunst.
Der Maurer durfte zuerst einmal die Wand bis unter das Dach verputzen.
Bisher reichte der Putz – wie im durchschnittlichen guineischen Landhaus – nur zwei Meter hoch, während darüber das rustikale Mauerwerk seine ganze Fugigkeit zeigte).
An diesen planen Flächen erwies sich der Maurer als wahrer Meister.
Allerdings sollte er anschießend hinter dem Center auch noch eine Wasserrinne betonieren. Eine Notwendigkeit, weil in der Regenzeit so viel Wasser den Hügel herunter fließt, dass wir des öfteren im Center durchs Wasser wateten.
Eine Rinne ist per Definition nicht plan. Und hier lag das Problem. Nicht, dass der Maurer sein Handwerk nicht verstehen würde. Nicht, dass er die Aufgabe nicht verstanden hätte. Das Problem war, dass man in Télimélé keine Rinnen findet. Hat’s noch nie gegeben – und das ist auch gut so. Jedenfalls nach Meinung des Maurers. Es passte einfach nicht in sein traditionelles kulturelles Raster, eine ausgerundete Rinne in den Beton zu schaben. Er tat es zwar, aber mit einem tief verwurzelten Misstrauen gegenüber dem Konzept „Rinne“.
Das Ergebnis sieht entsprechend aus. Nicht schön – aber selten. Man hat den Eindruck, als hätte ein Elefantenbaby einen missglückten Flachköpper in den Beton gemacht. Die Rinne schlängelt sich schamhaft an der Rückseite des Hauses entlang. Egal. Solange die Wassermassen abfließen wollen wir’s gern gelten lassen…
Übrigens – wo wir gerade beim Thema „schlängeln“ sind. Letzte Woche hat Romy ihre erste Schlange erschlagen. Ein Schlängchen von gut 40 cm Länge, die sich vor unseren Stufen ringelte. Mit einer Spitzhacke (noch eines der Werkzeuge in unserem Besitz). Und jetzt grübele ich: macht sie das jetzt zur Bergmännin mit Schlangendiplom?
Glück auf!

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