Wettopfern

geschrieben von admin am 14. Juni 2008
Kategorie: Aktuelles


Im letzten Jahr gab es in Guinea so viele Ultimaten (das ist der Fachausdruck für Tomaten, die unter ultraviolettem Licht erzeugt wurden),
dass auch die letzten zwei Ulti-Dinger, letzte Woche, unser Blut kein bisschen in Wallung brachten. Da waren die Lehrer, die felsenfest behaupteten: „Wenn bis Freitag nicht unsere Forderungen erfüllt sind, dann gibt’s STREIK!“ Das Ende eines Ulimatums ist immer Freitag. Weil man dann das ganze Wochenende Zeit hat, um sich am Kopf zu kratzen, und nach rechts und links zu gucken, was die anderen machen werden. Die Forderungen wurden bis Freitag nicht erfüllt.
Auch nicht bis Samstag und Sonntag. Am Montag, dem Tag der Wahrheit, rief ich vorsichtig einen Bekannten an, der Schuldirektor ist: „Und, streikst Du?“ „Nein, alles normal!“ Was bedeutet: die Schüler kommen. Oder auch nicht. Und die Lehrer unterrichten. Oder auch nicht. (Für beide Gruppen gilt die 50%-Regel. In der Regel sind 50% auf dem Acker, in der Kaffee-Bier-Bar oder im Bett). Okay. Das war der Freitag vor einer Woche.
In dieser Woche tönte die Armee: „Wenn bis Freitag nicht unsere Forderungen erfüllt sind, dann etc. pp. bla bla bla.“ Ich hatte zwar neulich geschrieben, dass die meuternden Soldaten wieder beruhigt seien. Die Ruhe hielt aber nur ein paar Tage. Der gloriose Chef des Landes, Präsi von eigenen Gnaden, hatte den Meuterern gesagt: „Geht in Eure Armeecamps. Seid ruhig. Ich regle das!“ Sie waren in die Camps zurückgekehrt und ruhig geblieben. Er hatte nix geregelt. Will sagen, die Soldaten haben immer noch die alten Generäle und zahlen immer noch ihre alten Reispreise (die zwar nur ein Drittel des Preises betragen, den der Rest der Bevölkerung zahlt, aber für die aufrechten Verteidiger ihres eigenen Bauches noch immer zu hoch sind).
Weshalb der Rädelsführer der Meuterer andere Mittel aufzog. In Vorbereitung weiterer Aktionen mobilisierte er seine Marabus (islamische Zauberer) und begann im Akkord zu opfern. Jeden Tag müssen etliche Schafböcke und andere Standard-Opfertiere im Camp Alpha Yaya dran glauben.
Das konnte sich der Präsident natürlich nicht gefallen lassen. Auch er hat schon seit Jahrzehnten seine eigenen Zauber-Geistlichen. Also verkündete er mit schnarrender Stimme: „Seit heute morgen, 5 Uhr, wird zurückgeopfert!“ Bin mir nicht sicher, ob die Geister Strichliste führen und zählen, wer mehr opfert. Es muss eine Menge Fleisch zu essen geben, dieser Tage in Conakry!
Nun, Montag kommt bestimmt…

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