Unser Nachbar, der Held.

geschrieben von admin am 4. Juni 2008
Kategorie: Aktuelles


Mag sein, dass unsere Schlangengeschichten langsam inflationär scheinen. Was kann ich dafür, dass die Kriechtiere im Augenblick der Meinung sind, unsere Grundstücke belagern zu müssen. Dieses Mal war’s unser Nachbar, ein Mittsechziger namens Monsieur Diallo (zur Unterscheidung von den anderen 6 Millionen Monsieur Diallos nennt er sich auch gern „Diallo-Fotograf“). Mittlerweile ist er in Rente, hat seine alte Kamera schon lange verscherbelt und lebt ruhig und zurückgezogen mit ein paar Eimern unter einem rostigen Blechdach in Leywendou (er hat denselben Hausbesitzer wie wir!)
Aber ab und zu wird die Stille durch nicht alltägliche Ereignisse und damit verbundene geräuschvolle Lautäußerungen durchbrochen. Zum Beispiel gestern.
Da wir gute Nachbarn (und neugierige Zeitgenossen) sind, mussten wir natürlich gucken. Als wir das kleine Türchen durchschritten, welches den schnellen Durchgang zum Nachbargrundstück ermöglicht, fanden wir Herrn Diallo. Stolz wie anno dazumal Roland der Drachtöter stand er da. Vor ihm eine zweieinhalbmeterlange Schlange. Schön gezeichnet, grün-gelb-schwarze Flecken auf dem Rücken. Allerdings etwas deformiert, denn analog zum Reiterlied „…über Stock und über Stein’…“ war es auch der Schlange ergangen. Bloß, dass sie unter den Stock und die Steine gekommen war.
Monsieur Diallo hatte sie in seinem Holzlager gefunden, als er gerade ein paar Äste holen wollte. Einer von denen ringelte sich fort…
Sofort holten wir unseren Fotoapparat. Als ehemaliger Profi ist natürlich auch Herr Diallo leichte Beute der Verlockung einer fotografischen Dokumentation. Weshalb er in 20 Posen mit seinem Stock um die Schlange marschierte. Seiner Meinung nach übrigens ein Modhoori, ein „Im-Ganzen-Verschlucker“. Auf Deutsch eine Python.
Ich glich die Bilder sofort mit unserem elektronischen Brockhaus ab. Und siehe da: er hatte Recht. Auch wenn das Schlängchen für eine Phyton noch recht kurz war.
Gleichzeitig erfuhr ich, dass das Reptil – auch aufgrund des hübschen Leders – vom Aussterben bedroht ist. Da tat es mir gleich wieder leid. Nur Monsieur Diallo bedauert nix. Was suchte es auch in seiner Holzkammer?
Er hat die Schlange übrigens nicht gehäutet, sondern begraben. Damit nicht auch noch der Rest der Familie kommt. Friede ihrer Asche.

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