Die Roten gegen die Grünen.

geschrieben von admin am 30. Mai 2008
Kategorie: Aktuelles


Seit Anfang der Woche hat das Fußvolk der guineischen Armee seine (noch nie besonders wertvollen) Prinzipien vergessen und sich an seine Waffen erinnert. Die Soldaten waren unzufrieden. Aus den üblichen Gründen: zu wenig oder kein Sold. Zu teurer Reis. Dabei vergaßen sie geflissentlich, dass es der gesamten Bevölkerung noch viel schlechter geht. Stattdessen forderten sie zusätzlich die Freilassung aller inhaftierten Militärs (die aufgrund der Tötung von Zivilisten vor einem Jahr hinter Gittern saßen) und die Auswechslung aller Generäle.

Zuerst starteten die Soldaten Schießereien in den Kasernen der Hauptstadt.
Doch schon bald pflanzte sich die Unruhe in die Straßen Conakrys fort. Und weil sie gerade in Fahrt waren, erleichterten die marodierenden Soldaten etliche Tankstellen um ihren Sprit, den sie Fässerweise abtransportierten; und etliche Händler um ihre Warenbestände. Dabei schossen sie ununterbrochen in die Luft (trotz dieser Schussrichtung wurden leider trotzdem mehrere Zivilisten getötet und etliche verletzt.)

Die Regierung reagierte. Und bildete erstmal eine Kommission. Weil sie nicht erpressbar war, ließ sie sämtliche inhaftierte Soldaten frei, die wegen der Schüsse auf Zivilisten einsaßen. Und stellte fest, dass theoretisch alles in Ordnung sei mit dem Sold – auch wenn sie allen Soldaten eine Prämie anbot (als Belohnung für die Eigeninitiative?)
Theopraktisch setzten die Soldaten ihre Attacken fort. Ein Kollege von uns konnte am Mittwochabend gerade noch mit einem Flugzeug die Hauptstadt verlassen, ehe Plünderer in Uniform auch den Flughafen unter die Lupe nahmen und seiner Vorräte beraubten. Weshalb mehrere ankommende Maschinen dann doch lieber einen Bogen um Conakry machten…
Dienstagabend waren im Stadtzentrum Schüsse aus schweren Kalibern zu hören.
Und am Mittwoch kam zu Kämpfen zwischen den „Red Berets“, der Spezialeinheit des Präsidenten und den normalen Grünrücken. Rot gegen Grün.
Während die Zivilbevölkerung den Preis bezahlen muss, ängstlich daheim sitzt und Hunger hat. Die Geschäfte und Tankstellen sind geschlossen, die Schule fällt aus. Und alle warten ab, wer wohl gewinnt.
So auch wir. In Télimélé ist alles ruhig, wie auch in den meisten anderen Städten. Die fünf Soldaten, die bei uns stationiert sind (symbolischerweise im städtischen Gefängnis) tun gut daran, ruhig zu bleiben. Eines ist klar:
Freunde hat sich das Militär mit seiner Aktion nicht gemacht. Zwar kann man nur spekulieren, ob die Aufstände konzertiert waren oder wer letztendlich den größten Nutzen daraus ziehen wird. Die Bevölkerung sicher nicht. Denn leider hat hierzulande meist der Recht, der die schwereren Waffen hat.
Ein guter Grund, um mit Gebet zu beginnen.

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