Wechsel-Strom

geschrieben von admin am 21. Mai 2008
Kategorie: Aktuelles


Leben ist Veränderung. So behauptet es eine von Dichtern, Denkern und Schlagersängern immer wieder ausposaunte Lebensweisheit. (Christian Morgenstern, seines Zeichens Dichter und Denker, behauptet zwar auch: „Die Möwen sehen alle aus, als ob sie Emma hießen.“ Aber es kann ja beides stimmen, nicht wahr?)
Wahr ist, dass sich auch in Guinea wieder etwas verändert hat. Wir haben seit gestern einen neuen Premierminister. Vom alten Präsidenten ganz überraschend eingesetzt. Okay, in Realität war die Aktion schon seit Wochen erwartet worden.
Der neue Mann heißt Monsieur Souaré, hat schon eine brave, nichtssagende Rede gehalten und wurde (logischerweise) im Staatsfernsehen als der neue Hoffnungsträger gefeiert. Ganz unparteiisch natürlich.
Unser Ex-Premier Kouyaté wurde wegen Inkompetenz gefeuert. Es ist wahr, dass er in dem reichlichen Jahr, welches ihm zur Verfügung stand, keine Bäume ausgerissen hat. (Aber Solarstraßenlaternen auf den beiden Hauptstraßen und dadaistische Kitschmonumente zur Verschönerung der hauptstädtischen Kreisverkehre sind ja auch schon etwas!)
Es ist aber auch wahr, dass der Präsi und die, die an seinen Fäden ziehen,
auf seine Knöpfe drücken und seine Dekrete unterschreiben, alles in ihrer Macht taten, um den Premier zur Bewegungslosigkeit zu verdammen und zu blockieren.
Guinea hat die Veränderung registriert. Und das war’s auch schon. „Warten wir ab, ob die Reispreise sinken.“ So spricht der kleine Mann pragmatisch.
Und schaut, ob die neue Regierung in Wahrheit alt aussehen wird. Die vorletzten Minister sitzen schon in den Startlöchern. Noch ist Guinea melkbar! (Und das ist nicht das dänische Wort für Milchbar! Oder etwa doch?)

In Télimélé hat sich auch etwas verändert. Die Stadt erlebt einen kurzen Stromausfall. Seit 10 Tagen. Für unser Viertel, welches im letzten Jahrzehnt nur tageweise in den Genuss von Elektrizität kam, bedeutet das keine große Veränderung. Für das staubige Stadtzentrum schon.
In Theorie sollte innerhalb dreier Tage ein Verschleißteil im Wasserkraftwerk ausgebaut, in der Hauptstadt repariert und postwendend wiedereingesetzt werden.
In Realität begannen die Leute Kerzen zu horten. Erfahrungswerte…
Weil man aber mit Kerzen keine Mobiltelefone laden kann, bringen unsere Studenten derzeit Myriaden von Handys ins Center. Und wenn wir nach eines Tages ehrlicher Arbeit nach Hause kommen, liegen dort auch schon eine Handvoll Mobiltelefone auf unserer Terrasse. Kleine Ladungen erhalten die Freundschaft.

In diesem Sinne! Denkt an Guinea. Und die Möwen namens Emma.

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