Gebetsrufkompassdigitaluhr

geschrieben von admin am 1. März 2008
Kategorie: Aktuelles


Zwar hat Salomo im generellen philosophischen Sinne durchaus Recht, wenn er behauptet, dass es nichts Neues unter der Sonne gäbe. Im praktisch alltäglichen Kitschdesign gibt es aber immer Erfindungen, die auch das Blut eines gestählten Sammlers sinnloser Gadgets in Wallung bringen. Zum Beispiel die oben erwähnte Gebetsrufkompassdigitaluhr mit Weck- und Alarmfunktion. Diese wurde gestern von einem unserer Studenten auf den Tisch gepackt. Eine taufrische Innovation, made in der Peoples Republik of China,
die über einen Mekkanischen Umweg ihren Weg ins Guineische Hochland fand.
Mit einer Gebrauchsanweisung, welche aus dem Chinesischen ins Arabische ins Englische übertragen wurde.
Da lag sie also vor mir, eine wuchtige Wanduhr mit zwanzig Knöpfen und zehn Zentimeter großen digitalen Zahlen. Der Vater des Studenten bat uns Weiße,
die wir des Englischen kundig seien, die Uhr zum Tuten, Klingeln und Sprechen zu bringen. Denn dieses Meisterwerk der Plastikklebekunst kann gläubige Muslime zum Gebet rufen. Und zwar genau abgestimmt auf die Mekkanische Zeit, schließlich sind 500 Städte in die Uhr einprogrammiert.
Ein integrierter Kompass zeigt sogar die Richtung gen Mekka an. Man musste nur seine Stadt wählen. In unserem Fall „Dakar“ weil die Uhr Télimélé aus unerfindlichen Gründen nicht kannte. Dann: drei Knöpfe gleichzeitig für dreieinhalb Sekunden pressen, irgendein Symbol blinken lassen, sofort einen anderen Knopf siebzehn Mal drücken und anschließend fünfmal langsam „Nussschokolade“ in ein Mikrofon sprechen. Oder so ähnlich.
Mit ein paar Schwierigkeiten wurde die Uhr von uns darauf getrimmt, zu den fünf Gebetszeiten den jeweils passenden Ruf loszulassen, nicht ohne dass drei Minuten vorher schon ein Weckalarm ertönte. Eigentlich wollte der stolze Besitzer die Uhr auch noch zu jeder Stunde schlagen lassen (welcher Mensch im Vollbesitz seiner akustischen Fähigkeiten möchte DAS?), aber so weit hatten die Designer dann doch nicht gedacht. Weshalb wir das Gerät wieder eintüteten und uns an die Kursarbeit machten.
Umso überraschter waren wir, als pünktlich um 16.43 aus dem Karton heraus ein donnernder arabischer Bass den Nachmittagsgebetsruf initiierte.
Hingerannt.
„Aus“-Knopf gedrückt.
Frieden auf Erden.
Drei Minuten später schloss sich ein Trommelfellzerstechender Weckton an.
Eine Art Atom-Alarm.
Aus damit.
Danach die Frage: „Drei Minuten danach???“ Upps. Fehlprogrammierung. Nachdem das richtig gestellt war, drückte ich dem stolzen Besitzer den Karton in die Hand: Hinweg, hinweg, ehe ein neuerlicher Ausbruch erfolgen würde.
Was bin ich froh, dass solch eine Uhr niemals in meinem Schlafzimmer hängen wird. Mir ist die Moschee um die Ecke schon laut genug.

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