Fiskalische Finanz-Fisimatenten

geschrieben von admin am 11. November 2007
Kategorie: Aktuelles


Der Steuerbeamte unserer Stadt hatte dieser Tage Ebbe in seiner Kasse.“Also“, dachte er, „besuche ich doch mal alle Weißen, die’s in Télimélé gibt und bitte sie zur Kasse!“ Allerdings setzt sich die europide Bewohnerschaft der Stadt aus genau zwei Leuten zusammen: aus uns, Romy und Heiko. Weshalb eines Samstagmorgens unser Wochenende durch lautes Hämmern ans Tor gestört wurde. Kaum war unser Eingang nur einen Spalt geöffnet, da drängten sich schon eine kühlblickende Gestalt mithilfe des Schuh-in-den-Türspalt-Tricks ins innere unseres Hofes. Er wies sich mit Hilfe eines gestempelten Papierchens aus und kam sofort zum Grund des Besuches. „Ich will die Grundstückssteuern kassieren! Sie haben bisher noch nicht bezahlt!“ Ich erklärte, dass wir vor allem deshalb noch nichts gelöhnt hatten, weil wir kein Grundstück besäßen. Das brachte ihn nicht aus der Ruhe. „Na und“Sie wohnen ja hier in diesem Haus, oder? Also müssen sie Grundsteuer bezahlen!? Zehn Minuten versuchten wir zu erklären, dass wir keinen Grundbesitz hätten. Wenn jemand zu zahlen hatte, dann doch wohl der Eigentümer.“Der hat aber nicht bezahlt! Und der ist auch nicht hier. … Ihr seid hier.Also bezahlt ihr!“ Schlagende Logik. Die Wellen der Emotionen kochten hoch.Ich zog mein Telefon aus der Tasche und holte den Hausbesitzer in der Hauptstadt ans Telefon. Ich reichte den Apparat an den Finanz-Freibeuter weiter. Und schon wurde die Wortschlacht fernmündlich fortgesetzt. Denn auch der Vermieter wollte natürlich nicht bezahlen. Schließlich sei er der ehemalige Finanzchef der Präfektur! Aber das Argument rettete ihn noch nicht.Dann allerdings bekam die Diskussion eine ganz neue Wendung. Es stellte sich heraus, dass die derzeitige Chefin der Steuerbehörde ebenfalls ein Haus unseres Vermieters bewohnte. Und seit ein paar Monaten die Miete nicht bezahlt hatte. Sein Vorschlag: die Schulden zu verrechnen.Das gefiel dem Beamten überhaupt nicht. Zum einen, weil er das Geld sofort wollte. Zum anderen, weil er schlecht seine Chefin auspressen konnten? Weshalb er sich wieder an die Weißen hielt: „Haben Sie eigentlich Ihren Mietvertrag staatlich registriert? … Nein??? Oh, das wird teuer. Zwei Prozent der Jahresmiete sind fällig.“ Das waren totale Neuigkeiten. Dass man seinen Mietvertrag registrieren müsste, hörten wir zum allerersten Mal.“Jaaaa! Das ist Pflicht! Na, wir könnten von einer Strafgebühr absehen. Wie lange wohnen sie hier? Zweieinhalb Jahre? Okay, sie zahlen für drei Jahre nach, und wir vergessen die Angelegenheit!“ Wir waren durchaus bereit, zu zahlen. Allerdings wollten wir unsere Pflicht erst Schwarz auf Weiß belegt sehen.“Keeeeein Problem!“ Er wedelte mit einem Heft vor unserer Nase herum. „Hier steht alles drin!“ Triumphierend grinste er ein Na-was-sagst-du-jetzt-Grinsen. Wir sagten jetzt:“Zeigen sie uns den Paragrafen.“ Er begann zu blättern. Und zu blättern. Und zu blättern. Und fand nichts.Ich griff nach dem Heft. Es war eine Werbebroschüre der Steuerbehörde.Peinliches Schweigen. Schließlich bestellte er uns nach dem Wochenende in sein Büro. „Kommen Sie mit dem Geld. Und alles ist vergessen!“ Damit zog er säuerlich grinsend und nicht wirklich zufrieden ab.Wir begannen allerdings immer noch nicht, das Geld hervorzuzählen, sondern riefen einen Bekannten aus dem guineischen Verwaltungsapparat an. Der erzählte uns, dass wir mitnichten unseren Vertrag vom Staat beglaubigen lassen müssten. Man könnte das freiwillig tun, wenn man (im Falle eines Problems mit dem Vertragspartner) gern staatliche Unterstützung hätte.Allerdings würde das auch nichts bringen, da ja eh nur der bessere Bezahler Recht bekäme. Der Ratschlag unseres Freundes: Einfach ganz afrikanisch die Sache zu ignorieren.Weshalb wir unseren Termin am darauf folgenden Dienstag verstreichen ließen.Wir hörten die ganze Woche nichts mehr von den Finanzabzweigern. Erst am Samstag, beinahe auf die Minute genau zur selben Zeit, wie die Woche zuvor,hämmerte es brutal an unser Tor. Der Abkassierer war da.“Wo ist das Geld? Wo waren Sie?“ „Oh, wir haben erfahren, dass die Registrierung freiwillig ist. Weshalb wir darauf verzichten!“ Natürlich hatte auch der Beamte von Anfang an von der Freiwilligkeit gewusst. Was ihn nicht daran hinderte, dreistufig, wie eine Rakete, zu reagieren.Erste Reaktion: Explosion. Zweite Reaktion: Keine Fehler eingestehen. Dritte Reaktion: Wechsel der Taktik.“Mag sein, dass da irgendwas freiwillig sein könnte! Aber Fakt ist, dass Sie die Grundsteuer nicht bezahlt haben!“ Okay, kein sehr origineller Wechsel der Taktik!Gleiche Reaktion unsererseits.Anrufung des Hausbesitzers und hitzige Telefondiskussionen.Schließlich begann das Taktieren: Ob wir nicht, als Kredit gewissermaßen,wenigstens die Hälfte der Summe für unseren Hausbesitzer vorschießen könnten.Das wäre vielleicht eine Option gewesen. Hätten wir nicht – wie alle Beteiligten – gewusst, dass das Staatssäckel von den Geldscheinen nie im Leben etwas sehen würde. Weshalb wir freundlich lächelnd ablehnten.Wutschnaubend zog der glücklose Geldeintreiber ab. Vielleicht sollten wir ihm zuliebe drei Quadratmeter Sumpfland erwerben, damit er beim nächsten Mal Grundsteuer von uns eintreiben kann.

Kommentare geschlossen.