Verlöblicht

geschrieben von admin am 14. September 2007
Kategorie: Aktuelles


Heute begann bei uns der Ramadan. Merkt man daran, dass um vier Uhr früh die Kochtöpfe des Viertels klappern, weil alle Welt noch mal so richtig reinhaut. Ehe dann mit vollem Einsatz gefastet wird. Und zwar solcherart, dass nach Sonnenaufgang jeder der es sich leisten kann, seinem Bauch etliche Stunden Extra-Schlaf gönnt. Weil: wer schläft, hat keinen Hunger. Gestern, am letzten „normalen“ Tag, durften wir dafür noch einmal einen Moment der Völlerei miterleben. Die Nachbarn unseres Centers verlobten nämlich ihre Tochter. Mit allem Drum und Dran. Und ohne Verlobten (Dazu später mehr).
Taibou hatte an diesem Tag die fragwürdige Gelegenheit, ihren Preis kennenzulernen. Eine Million musste Juniors Familie für sie hinblättern. Guinea Franc wohlgemerkt. Das sind nicht mal zweihundert Euro. Nun, wir konnten ihr versichern, dass sie viiiiiiel mehr wert ist…
Die Veranstaltung war – vom Essen mal ganz abgesehen – für uns auch ein persönlicher Moment, weil besagtes Töchterchen seit zwei Jahren zu unseren Schülern gehört. Bevor die Verlobung unter Dach und Fach gebracht wurde, durften wir denn auch dem Herrn Papa unsere Meinung zum Besten geben. Weil wir als Ausbilder in technischen und moralischen Fragen die Entwicklung vom Töchterchen Taibou einigermaßen einschätzen könnten. Er fragte uns, was wir von den Plänen hielten.
Nun. Wir sangen das Loblied der Kommunikation. Will sagen, die Beiden sollen sich erstmal kennen lernen. Es ist immer noch fremdartig für uns, wenn da ein siebzehnjähriges Mädel mit einem jungen Mann verlobt – bzw. verheiratet – wird, den sie eigentlich nicht kennt. Immerhin: Sie hat ihn schon mal gesehen. Vor zehn Jahren. Von weitem. Oder so.
Aber auch für den Papa war es eine zweischneidige Sache, die erste und einzige Tochter ein Stück weit abzugeben, auf die er doch zu Beginn seiner eigenen Ehe drei Jahre warten musste (und das sind in einer afrikanischen Ehe oftmals drei Ewigkeiten oder zwei neue Frauen). Er blieb übrigens bei seiner ersten und einzigen Frau.
Die Familie hatte schon einige andere Anfragen, da Taibou aus einer angesehenen Familie kommt und gesund, lustig und attraktiv ist.
Deshalb, und um seiner Tochter ein paar Jahre Ruhe zu verschaffen, war jetzt nach Meinung des Papas eine Verlobung fällig.
Eigentlich war’s sogar eine vollständige islamische Hochzeit. Nur dass sie noch nicht vollzogen wird.
Denn der junge Mann mit dem wohlklingenden Namen „Junior“ weilt derzeit in den USA und besucht dort die Schule. Weshalb die „echte“ Hochzeit nicht stattfinden wird, bevor mindestens drei Jahre ins Land gehen. In der Zeit haben die Beiden genug Gelegenheit, sich kennenzulernen. Ehe sie sich zum erste Mal in Realität treffen.

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