Vorbilder

geschrieben von admin am 7. September 2007
Kategorie: Aktuelles


Bei uns im Center wollen wir nicht nur die Computertastaturzehnfingertipptechnik fördern. Sondern auch Hirnzündfunken. Deshalb grübeln Romy und ich immer wieder darüber, welche Aufgaben unsere Helden während unserer Kurse erledigen sollen, um sowohl technisch als auch menschlich neue Höhen zu erklimmen. Wenn schon nicht den Mount Everest, dann wenigstens den Maulwurfshügel der Herzensbildung. Vor ein paar Tagen hatten wir eine geniale Hybridaufgabe gefunden, die sowohl das Know-how als auch das Know-why miteinander verbinden sollte. Dachten wir in einem Anfall von Hirnfehlzündungen.
Es handelte sich um eine Tabelle, einzufügen ins Textverarbeitungsprogramm. Schön zu formatieren, zu füllen und aufzuhübschen.
Soweit die technische Herausforderung.
Inhaltlich sollten unsere Studenten in der Tabelle ein paar Sachen eintragen. In der ersten Zeile sie selbst betreffende Angaben, in den sieben folgenden Zeilen Infos über ihre Freunde und Familie. Spalte 1 war der Name, gefolgt vom Spitznamen (ein Muss in einer Kultur, die den Beinamen zu einem Menschenrecht definiert hat). In der dritten Spalte folgte das Alter. Soweit so gut. Doch dann wurde es schwieriger. Sie sollten den größten Traum, die Lieblingsmusik und ihr größtes Vorbild in die Spalten eintragen. Um es einfacher zu machen, hatte ich mein eigenes Beispiel gegeben.
Name: Hakiim Kalil Kouyaté Spitzname: Heiko 😉 Alter: unziemlich Größter Traum: mit kreativem Kram das Leben bestreiten Lieblingsmusik: electronic melodic groove core (DAS kam wirklich gut an) Vorbild: Jesus Christus.
Insbesondere mit letzterem wurden die Leute gekitzelt. Etwa 90% schrieben als persönliches Vorbild nämlich den Propheten Mohammed in ihre Spalte. 80% übrigens falsch. Sei’s drum, es war Ehrensache, schließlich hatte der „Mann des Buches“ (nämlich ich, der Christ) seinen Glaubensgründer aufgeschrieben. Für die Kumpels, Onkels und Tanten vergaben sie weniger verfängliche Modelle: Snoop Dog, die Mutter, den Großvater oder Fifty Cent. Äußerst ausgewogen. Ein ganz besonders Ahnungsloser schrieb „Adolphe Hitler“… Der traurige Aspekt an diesem Eintrag ist, dass er nur bedingt durch Naivität zu erklären ist. Ein starker Mann, der auch noch „mit den Juden aufgeräumt“ hat, ist einem afrikanischen muslimischen Land zu oft ein Vorbild bei den weniger Gebildeten. Auch wenn das in etwa auf demselben Niveau liegt, wie jener andere suizidäre junge Guineer, der neulich ein weißes Kapuzenshirt trug, beschriftet mit „Ku Klux Klan“.
Immerhin kam meine Klasse so in den Genuss einer kurzen Unterrichtsstunde zum Thema „Menschenverachtende Massenmörder – meine Muster?“.
Und wenn wir auch nicht mit dem Snowboard vom Mount Everest der Tugend herunterschlittern, so rodeln wir doch im Bilde gesprochen immerhin schon auf dem „Idiotenhügel“. Immer im Kopf behaltend, dass „Idiot“ ursprünglich „Unmündiger“ bedeutete. Und das sind wir doch alle irgendwie.

Kommentare geschlossen.