Aufs Dach gestiegen – Teil 257.634

geschrieben von admin am 28. August 2007
Kategorie: Aktuelles


Eine Frage, die während der Wochen in Deutschland ununterbrochen an unserem Unterbewusstsein nagte, war folgende: „Wird unser Dach dichthalten?“ Und eine Antwort, die sich genauso permanent in unseren Geist schob, behauptete: „Nee.“ Insofern war es keine große Enttäuschung, als wir zurück in Télimélé in unser Haus und etliche Pfützen traten. Immerhin bescherte der Dachschaden mir die Gelegenheit, täglich mit unserm Hausbesitzer zu konferieren. Immer nach etwa folgendem Muster:Ich:
„Hallo? Wie geht’s, wie steht’s?“ Er: „Gut. Und selbst?“ Ich: „Naaaaja. Genaugenommen regnet es rein. In vier Zimmern.“ Er: „Aaaaach so. Kann ich mir eigentlich überhaupt nicht vorstellen. Habe doch alles reparieren lassen!“ (Mit löchrigen Blechen, die von den Weißen anschließend hilfsgeklebt und styroporisiert wurden) Ich: „Nun. Wir haben nach jedem Regenguss drei Eimer Wasser aufzuwischen.“ Er: „Drei? Oder nur zwei?“ Ich: „Was können Sie uns vorschlagen?“ Er: „Hmm. Da muss man was tun. Ich denke nach. Rufen Sie morgen wieder an. Oder in zwei Monaten! Oder am besten gar nicht mehr.“ Man musste nicht hellseherisch veranlagt sein, um mitzukriegen, dass unser Monsieur Cissé keinen Bock hatte, seine kleine Goldgrube zu reparieren. Schließlich zahlten wir etwa das Vierfache des in Télimélé üblichen Mietpreises. Und diesen Reingewinn wollte er auf keinen Fall durch banale Reparaturen schmälern. Romy hatte mehrmals die gute Idee, doch auf den Tisch zu hauen. Bloß, dass ich zu solcher Faust-auf-Holz-Diplomatie nicht wirklich geeignet bin.
Weshalb die Dachreparaturverhandlungen in etwa so erfolgreich verliefen, wie die Atomverhandlungen der UNO mit dem Iran.
Und ausziehen konnten wir maximal uns selbst, nicht jedoch aus dem Haus. Weil es zum einen keine passenden, außerdem trockenen und gleichzeitig leeren Häuser gibt. Und weil wir zum anderen die Miete schon etliche Zeit im Voraus bezahlt hatten, damit unser fleißiger Hausbesitzer (wie versprochen) unser Dach tipptopp reparieren konnte.
Also blieb nur weitere Telefonverhandlungen. Nachdem ich den Vermieter soweit hatte, dass er tatsächlich etwas tun wollte, stellte sich heraus, dass er der Meinung war, wir sollten alles zahlen. Zusätzlich zur Miete. Er umschrieb das mit der schönen Redewendung:
„Die Reparatur ist eine Sache zwischen Euch und mir.“ Unausgesprochen, aber trotzdem klar verständlich war seine Auslegung des Satzes: „Ich trage die Verantwortung, ihr den Rest.“ Drei Telefonate später waren wir immerhin soweit, dass er die Reparatur auch von unserer Miete bestreiten wollte. Juhu. Alles klar.
Oder?
Immer noch kamen keine Arbeiter angeturnt.
Zwei Tage später fragte er mich, ob wir ihm das Geld nicht vorschießen könnten. Bis nach Ramadan. Alle Schulden werden immer bis nach dem Ende der Fastenzeit verschoben! Weil man nach Ramadan all sein Geld für gutes Essen und Klamotten auf den Kopf haut und anschließend hundertprozentig keine Schulden bezahlen kann, sich also deshalb auch keine Sorgen machen muss.
Zähneknirschend stimmten wir zu.
Jetzt mussten wir nur noch das Material einkaufen (weil wir ja so ein praktisches Auto haben), die Arbeiter informieren (weil die Telefonkarte unseres Hausbesitzers gerade totaaal leer war) und anschließend nur noch warten.
Das Material war da. Morgens um acht wollten die Arbeiter kommen. Sie glänzten nicht nur um acht, sondern auch den Rest des Tages durch Abwesenheit. Aber sie kamen immerhin 24 Stunden später. Als erste Amtshandlung verhandelten sie mit dem Vermieter über einen Preis für ihre Leistungen. Doch dann kamen sie mächtig in die Gänge und wechselten einige der schlimmsten Bleche aus.
Freudestrahlend verabschiedeten sie sich nach Beendigung ihrer Ersten Hilfe. Und fragten nach Geld. Schließlich hatte der Vermieter ihnen versichert, dass wir sie bezahlen würden. Nach Ramadan würden wir’s ja schließlich von ihm wiederbekommen…
Der nächste Tag überraschte uns. Die Reparatur hatte gehalten. Aber rechts und links der Reparatur hatte es schlimmer reingeregnet als je zuvor, so dass ein bisher trockenes Zimmerchen nun zusätzlich noch flächendeckend unter Wasser stand. Was uns gänzlich neue Reparaturperspektiven eröffnet. Mal sehen, was unser Hausbesitzer dazu sagen wird.
„Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eimer Wasser her…“

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