Armdrücken

geschrieben von Heiko am 8. Juni 2007
Kategorie: Aktuelles


Eigentlich wartet man in Guinea ständig auf irgendwas. In der Trockenzeit auf den Regen. Wenn’s regnet, endlich wieder auf Sonnentage.
Als die alten Präfekten noch schalteten und walteten, wartete alle Welt auf den Umschwung. Und nun, da der Umschwung da ist, warten alle auf neue Präfekten.
Denn logischerweise muss in einem Land verwaltet werden. Und sei es nur die Misere. Doch im Augenblick hängt das Land in einer Art Winterschlaf fest. Es geht schon vorwärts, aber nicht richtig.
Am Premierminister liegt es nicht. Der rotiert wie ein Brummkreisel und ist zur Zeit gerade in den US of A, um Unterstützung zu aktivieren.
Schon vor über einem Monat hatte der gute Mann seine Liste mit neuen, engagierten und unbestechlichen Präfekten beim Präsidenten vorgelegt.
Und hier liegt der Haken des gesamten Neuanfangs in Guinea: Der alte Präsi muss die Anordnungen und Dekrete des neuen Premiers mit seiner Unterschrift validieren.
So ziemlich jedes Mal ein Armdrücken, weil in der Umgebung des (mittel)großen Diktators nicht erst seit gestern hunderte von Vasallen herumschwirren, auf der Suche nach neuen Posten. Alles Leute, die das Land in den letzten Jahrzehnten heruntergewirtschaftet haben und jetzt versuchen, auf den neuen Karren aufzuspringen. Um auch den wieder in den Dreck zu steuern.
Und der Präsi unterschreibt nun schon seit etlichen Wochen nicht. Würde gar zu gern ein paar seiner eigenen Kandidaten hineinbekommen. Was der Premier nicht will. Wir werden sehen, wer den längeren Atem hat.
In der Zwischenzeit war die neue Regierung in Klausur. Nach einem langen Wochenende am Strand von Bel-Air (den gibt’s hier auch!) wurden schließlich 75 Thesen für eine guineische Entwicklung veröffentlicht. Das kommt zwar nicht ganz an Luther ran, ist aber trotzdem sehr ambitiös, besonders, da das meiste schon innerhalb der nächsten sechs Monate verwirklicht werden soll.
Mit einem bremsenden Präsidenten nicht so einfach.
Aber auch das Volk hat seinen Reformwillen schon wieder ein bisschen bereut. Als eine der ersten Beschlüsse verhängte die Regierung vor ein paar Wochen einen Exportstopp für die wichtigsten Lebensmittel. Damit es im Land genug zu Essen gibt und damit die Preise für Reis, Fisch und Konsorten wieder fallen.
Nehmen wir den Fisch. Dessen Preis ist sogar noch gestiegen. Denn die Fischer, die bisher für den Export arbeiteten, haben wenig Lust, nun für weniger Geld an ihre Landsleute zu verkaufen. Das nenne ich Patriotismus!
Da kann man nur hoffen, dass der Premier die Produzenten und Zwischenhändler zu besseren Handlungen motivieren kann, analog zu dem was Paulus an die Epheser geschrieben hat: Die guten Taten sind schon vorbereitet, wir müssen nur noch dem Konzept folgen und ‚in ihnen wandeln‘.
Schade nur, dass „der gute Mensch von Seezunge“ das oft nur unter Druck tut. Ein weiteres Armdrücken. Gut für die Muskulatur des Premiers.

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