Falsch verbunden!

geschrieben von admin am 25. Mai 2007
Kategorie: Aktuelles


Seit gut einem Jahr gibt es in Télimélé Telefon. Und seit gut einem Jahr empfangen wir beinahe täglich Anrufe von wildfremden Leuten, die Boubacar, Diallo, Alpha oder Fatoumata sprechen wollen. Klarer Fall von inadäquater Nummer. Das muss nicht unbedingt an den Wählenden liegen. Das Telefonnetz der halbstaatlichen Sotelgui bekommt das auch ganz allein hin. Man wählt ganz unbedarft die gespeicherte Nummer des alten Freundes Thierno und landet beim gänzlich unbekannten Camara. Oder man kommt durchaus beim guten Thierno an. Nur kann der einen nicht hören und wird automatisch mit Camara verbunden. Und während die beiden sich kennenlernen, ist der Anrufer als Dritter im Bunde zu Zuhören verurteilt. Auf diese Weise wurden schon lebenslange Freundschaften geknüpft. Und lebenslange Freundschaften zerstört.

Meist beginnt das Abenteuer durch ein Klingeln kurz vor Mitternacht. Ein Notfall – so der erste Gedanke. Ein Blick aufs Telefon zeigt eine unbekannte Nummer. Da ich meine ersten Telefongespräche in einem Büro geführt habe, bin ich gut trainiert und melde mich mit: „Hallo, hier ist Hakiim.“ Am anderen Ende hört man eine alte Frau asthmatisch keuchen. In 90% der Fälle auf Pular. Nachdem ich nochmals meinen Namen („Hallo, hier ist Hakiim.“) durch die Leitung geschickt habe, kommt die erste Reaktion der Anrufenden: „Hallo? Hallo?“ Zum dritten Mal: „Hallo, hier ist Hakiim.“ – – „Wer?“ – – „Hakiim!“ – – Und weil wir in Afrika sind, wird erstmal gegrüßt.
„On Jaraama! (Hallöchen!)“ – – „Ebenfalls guten Abend!“ – – „Tana alaa ton (Ist auch nix Böses bei Euch)?“ – – „Danke, uns geht’s gut. Mit wem wollen Sie sprechen?“ – – „Ist Oury da?“ – – „Tut mir leid, hier gibt’s keinen Oury.“ – – „Gut. – Könnten Sie ihn rufen?“ – – Mit geduldiger Stimme mach ich der Dame klar, dass sie sich entweder verwählt hat, oder falsch verbunden wurde. Sie glaubt mir nicht. Ich lege auf.
Zwei Minuten später klingelt es erneut. Dieselbe Frau, derselbe Dialog. Sie ist immer noch nicht überzeugt. Ich lege auf.
Danach ist es eine Weile ruhig. Wahrscheinlich diskutiert am anderen Ende die Familie und versichert sich, dass sie auch wirklich die richtige Nummer haben. Nämlich unsere. Folgerichtig klingelt es fünf Minuten später schon wieder.
„Hier ist Hakiim, bei uns im Haushalt lebt kein Oury und ich kann wirklich nichts dafür.“ Sie wird es noch zwei weitere Male versuchen.
Und ich werde die Nummer anschauen und nicht mehr rangehen.
Immerhin gibt es hier wahrscheinlich keine einsamen Leute mit schweigendem Telefon.

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