Wie ich dem Premierminister nicht die Hand schüttelte

geschrieben von admin am 7. März 2007
Kategorie: Aktuelles


Die letzten vier Wochen waren mit aller politischen Beun- und Wiederberuhigung ziemlich nervenzehrend. Weshalb wir ein siebenstöckiges Luftschloss für unser erstes freies Wochenende planten. Vergangenes Wochenende. Mit allem Drum und Dran. Lange Ausschlafen bis halb acht, Spaziergänge (damit Romy sich freute) und Actionfilmnacht (damit auch den niederen Trieben der männlichen Fraktion Genüge getan würde). Freitag um dreizehn Uhr klingelte unser Telefon und ließ unsere Pläne auf dem Schrottplatz der Illusionen herniederkrachen. Am Apparat war unser Freund, der Chef vons Janze: der Präfekt. Er hatte sich am Vormittag noch von uns verabschiedet und war mit grinsender Miene nach Conakry aufgebrochen. Der neue Premierminister (oder „PM“, wie wir Politikverdrossenen ihn nennen) war ein alter Schulkumpel und hatte ihn zu sich eingeladen.
Leider war dem Präfekten ein Auto aus der Gegenrichtung dazwischen gekommen, das auf der linken Seite aus einer Kurve geschossen war. Trotz Ausweichmanövern hatte die Frontseite des präfektoralen Gefährts die Fahrerseite des anderen Geländewagens erwischt. Und die Begegnung hatten beiden Fahrzeugen total geschadet. Es war ein Wunder, dass niemand verletzt war. Da saß der gute Mann nun in der Pampa, auf halben Weg.
Da er stolzer Besitzer eines Satellitentelefons ist, waren wir nur einen Anruf entfernt. Zwei Stunden später stand ich sogar nur eine Armlänge entfernt von dem kopfschüttelnden Mann, der schon darüber nachdachte, wie aus dem Stück Pressschrott wieder ein Landcruiser werden würde.
Zunächst einmal zwängte er sich aber mit seinem Leibwächter und einem Colonel in unseren Hilux. Ich als Pazifist machte vor der Abfahrt noch sicher, dass die beiden AK 47, die auf meinen Rücken gerichtet waren, auch hübsch entladen und gesichert waren. Und dann zuckelten wir los. Unser Wagen wählte genau diesen Moment dazu aus, um Mucken zu machen. Er zog nicht mehr.
Unsere Männerberatung ergab Vier zu Null, dass wir wohl verdreckten Diesel abbekommen hatten. Was in Télimélé kein Wunder ist. In dieser Stadt hat ein ehrlicher Mann nur die Wahl, entweder einen eigenen Tanklastzug zu kaufen, oder zu Fuß zu gehen, oder die Zähne zusammenzubeißen und beim netten Schwarzmarkthändler zu kaufen. Zwar wird der Kraftstoff nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft gefiltert (was würden wir nur ohne Nylonstrumpfhosen tun!) Aber auch so gelangt noch genug Natur in den Kraftstofffilter und die Einspritzpumpe, um den Tiger im Tank kräftig zu würgen.
Deshalb zuckelten wir erst am späten Abend in der Hauptstadt ein, nachdem wir (Dank des Militärs im Wagen) mehrere Straßensperren, besetzt von unterbezahlten Soldaten, unbeschadet überstanden hatten.
Der ganze nächste Tag war der Reparatur des Hilux gewidmet. Ich war neun Stunden in zwei verschiedenen Werkstätten, mit dem Ergebnis, dass das Auto immerhin wieder recht beeindruckend Gas gab.
Mein glücklicher Präfekt hatte währenddessen endlich den PM seit wer-weiß-wie-vielen Jahren wiedergetroffen. Gleich mehrmals. Und stundenlang. Und ohne mich. Nicht dass ich darauf wirklich scharf gewesen wäre. Ich wollte nur zurück! Weshalb ich versuchte, ihn während seiner Audienz zu stören. Aber zum ersten Mal im Laufe unserer Bekanntschaft hatte der Kommunikator, der ansonsten sogar mit seinem Telefon am Ohr schlief, den Apparat abgeschaltet. Mit schlappen zwei Stunden Verspätung fand er sich an unserem Treffpunkt an einer Tankstelle ein. Mein Grinsen war etwas bemüht.
Es verschwand ganz, als die Reparaturerfolge sich mit dem Starten des Autos ebenfalls verflüchtigten. Der Hilux zog überhaupt nicht mehr. Im Schritttempo krochen wir zurück in unsere Basis. Ich hatte vor, ein Taxi anzuheuern. Das war zu viel für meinen Freund.
Seit 30 Jahren war er schon nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. Und er wollte jetzt damit nicht beginnen.
Stattdessen suchte er die Telefonnummer eines Bekannten aus seiner unendlichen Telefonliste hervor und charterte kurzerhand dessen Auto. Weil das Klima hatte. Polarklima.
Gut durchgefroren kamen wir gegen Mitternacht in Télimélé an. Nicht ohne dass Mamadou mir freudentaumelnd die gesammelten Telefonnummern des PM präsentierte (damit ich ihm auch ja glaubte). Wenn das schon die erhabenste Instanz ist, die er anrufen kann…. Ich habe Kontakte in höheren Sphären!
Psalm 50:15 „Und wenn du in Not bist, rufe mich an! Dann will ich dich retten – und du wirst mich ehren!“ Gott.

Kommentare geschlossen.