Verordnete Zufriedenheit

geschrieben von admin am 24. Februar 2007
Kategorie: Aktuelles


Gestern Abend um 20.32 und 16 Sekunden, als „Le Journal“ mit der üblichen Verspätung über die guineischen Bildschirme graupelte, war die Erwartung förmlich mit Händen zu greifen. Alle Welt wartete darauf, was General Kerfalla Camara, die linke Hand des Oberbosses und nuschelnder Oberkommandierender des Ausnahmezustands zur Entscheidung der Nationalversammlung sagen würde. Er überraschte alle: Er erwähnte den Beschluss überhaupt nicht. Stattdessen verkündete er, dass die Regierung ja bekanntlich alle Forderungen der Opposition erfüllt habe, und das deshalb der Streik ab Montag beendet sei und alle wieder zur Arbeit müssten. „Gehen sie nicht über Los, ziehen sie kein Geld ein!“ Die Schüler dürfen seiner Meinung nach noch etwas länger Ferien haben, und müssen erst ab 1. März wieder die Schulbank drücken. Sein blumiger Schlusssatz lautete in etwa: „Und die Armee wird dafür sorgen, dass das alles auch in Frieden abläuft!“. Wenn das mal keine nett verpackte Drohung war. Womit ein neues Kapitel im guineischen Kampf für Frieden, Gerechtigkeit und einen Teller Reis aufgeschlagen wurde. Die Gewerkschaften sind mehr als unzufrieden über diese Herausforderung. Schließlich ist es ihr Job, einen Streik sowohl zu beginnen als auch zu beenden. Man muss kein Meinungsforscher sein, um zu verstehen, dass eigentlich nur der Präsi mit seiner Clique der Meinung ist, das Völkchen sollte doch endlich wieder Ruhe geben. Neun Millionen Guineer sehen das anders. Sie wollen immer noch einen neuen Premierminister und eine neue Regierung und eine Handvoll Hoffnung. Nichtsdestotrotz wird der heutige erste „freie“ Tag genutzt. In Télimélé summt es wie in einem Bienenstock: Der Markt ist geöffnet und die Händler bringen die Waren wieder aus den Verstecken zurück. Alle wollen das Intermezzo nutzen, denn keiner glaubt, dass es lange anhalten wird. Das Wochenende wird sicherlich noch verordnetermaßen normal verlaufen. Doch wenn am Montag keiner auf Arbeit geht, was dann? Eine Trumpfkarte der Opposition sitzt zurzeit noch in Conakry herum: Eine Delegation der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (CEDEAO). Diese Abordnung unter der Leitung eines alten nigerianischen Präsidenten hat mit allen Beteiligten gesprochen und versucht zu vermitteln. Die Gewerkschaften baten sie, solange zu bleiben, bis der Konflikt gelöst sei, in der Hoffnung, dass ihre Anwesenheit dem kleinen Diktator die Hände binden würde. Ob er sich darum schert? Wir sagen jedenfalls „Immer wieder Montag“ und warten ab, eingedenk der Tatsache, dass auch die beiden letzten großen Demos jeweils am zweiten Tag der Woche stattfanden. Schönes Wochenende!

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