Ein Bürgermeister greift durch …

geschrieben von Heiko am 15. Februar 2007
Kategorie: Aktuelles


Bei uns in Télimélé haben die Plünderungen ein plötzliches Ende gefunden. Sehr zur Erleichterung aller ehrlichen Mitbürger, allen voran des Bürgermeisters. In der Nacht von Dienstag zum Mittwoch kam, bildlich gesprochen, die Kavallerie eingeritten. 30 Soldaten mit ihren alten AK 47. Am Morgen fuhren sie durch die verschiedenen Stadtviertel und verkündeten ihre Anwesenheit auf guineisch. Indem sie in die Luft feuerten.

Während der Brandschatzungen hatte der Bürgermeister mit guten Worten und Kopfnüssen versucht, des Mobs Herr zu werden. Als er nur ausgelacht wurden, versprach er ihnen: „Freut euch heute an dem Diebesgut soviel ihr könnt. Morgen komme ich und hole alles zurück!“ Und genau das tat er auch.  Er ging im wahrsten Sinne des Wortes von Tür zu Tür und holte die Beute zurück: Den Zement für die neue Telefonanlage, die Technik für die Radiostation und hunderte Säcke Maismehl. Die kleinen Leute wurden einmal gerügt und laufengelassen, die Langfinger großen Stils wurden einkassiert. Dazu muss man wissen, dass der Bürgermeister zur Opposition gehört und die Demonstrationen aus vollem Herzen unterstützte. Aber zwischen einer guten alten Demo und Anarchie gibt’s durchaus ein paar feine Abstufungen.  Während ich dies hier tippe, knallt es uns weiterhin um die Ohren. Aber die Lage in unserer kleinen Stadt normalisiert sich langsam wieder, da das Militär tatsächlich nicht gegen die Leute vorgeht, sondern für die Ordnung arbeitet. Die Ausgangssperre wurde etwas gelockert, so dass wir zwischen 12 Uhr mittags und 20 Uhr abends draußen herum lustwandeln können. Hat allerdings wenig Zweck, da bisher der Markt noch geschlossen ist …
Im Rest Guineas sieht es allerdings nicht ganz so rosig aus. In vielen größeren Städten wird weiterhin demonstriert und gekämpft. Eine amerikanische Missionsgesellschaft hat in der Hauptstadt ein Flugzeug gechartert (die normalen Unternehmen, wie Air France oder SN Brussels haben seit ein paar Tagen alle Flüge eingestellt). Unsere amerikanischen Kollegen in Conakry wollen sich diese Chance nicht entgehen lassen und werden sich wohl „dranhängen“. Unsere deutsche Kollegin Margret hält weiter die Stellung. Irgendwann muss sich die Lage ja mal ändern. Mittlerweile haben sich der neue UN-Generalsekretär und der französische Außenminister geäußert und neue Verhandlungen angemahnt, bisher allerdings ohne sichtbaren Erfolg. Doch wir sind überzeugt, dass sich etwas in den nächsten Tagen bewegen wird. In welche Richtung auch immer.

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