Guinea am Samstag und Sonntag

geschrieben von Heiko am 11. Februar 2007
Kategorie: Aktuelles


Gestern war ein sehr angespannter Tag. Überall in Guinea wurde demonstriert, aber auch geplündert und gekämpft. In vielen Präfekturen und in der Hauptstadt wurden Regierungsgebäude gestürmt, angezündet und zerstört. In Conakry brannten zwei Tankstellen (in einer hatte ich noch am Vortag eingekauft) und einige Gendarmerien und Polizeistationen wurden gestürmt. Auf diese Weise haben sich einige Bürger auch bewaffnet. Die Armee hält sich noch zurück, nur das Viertel des Präsidenten wurde hermetisch abgeriegelt. Die blutige Bilanz lag bei ca. 12 Toten und angeblich einigen hundert Verletzten. Die Menschen auf den Straße haben keine Geduld mehr und fordern den sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Der angestaute Ärger entlud sich zum Beispiel, als ein Militär, der vorher drei Demonstranten erschossen hatte, von der wütenden Menge gesteinigt und verbrannt wurde. Heute ist es zwar etwas ruhiger, aber kontinuierlich fallen bei unseren Kollegen in der Hauptstadt Schüsse, und man bleibt besser zu Hause. Es wird damit gerechnet, dass es morgen, am Montag, zu Massendemonstrationen kommen wird.

Bei uns in Télimélé herrscht eine unwirkliche Ruhe. Seit zwei Tagen funktioniert das Telefonnetz nicht mehr (aber das kann nur ein ganz normaler Schaden sein und muss nicht unbedingt mit den anderen Ereignissen zusammenhängen). Gestern war eine Abordnung der Stadthonoratioren beim Präfekten und hat ihn dazu aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Damit geht es ihm besser als etlichen seiner Kollegen in anderen Städten, deren Residenzen gestern vollständig zerstört wurden… Da heute der sonntägliche Wochenmarkt ist, zu dem viele Dörfler aus kilometerweitem Umkreis kommen, wurden die Demonstrationen sehr pragmatisch auf morgen verlegt. Doch die Verkäufer handeln aus der offenen Tür heraus und sind bereit, sofort alles zu verrammeln, sollte es heute schon zum Aufruhr kommen. Die Behörden stellen sich auch auf Vandalismus ein, und haben die Technik und wichtige Dokumente heute in Privathäusern untergebracht. Uns geht es gut, und wir harren der Dinge, die da kommen. Für das Land wäre es wünschenswert, wenn morgen mit einer großen „Hauruckaktion“ dem alten Regime ein Ende gesetzt werden würde, nach dem Motto „Besser ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende.“ Natürlich hätten wir uns eine gewaltfreie Revolution gewünscht, so wie vor reichlich 17 Jahren in der Ex-DDR. Wir hoffen darauf, dass es mit so wenigen Opfern als möglich abgehen wird – und dass das Land einen echten Neuanfang machen kann.

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