Mein BAC, dein BAC

geschrieben von admin am 11. November 2011
Kategorie: Aktuelles


Wir befinden uns gerade mitten in den wahrscheinlich größten Ferien der Welt. 3 Monate dürfen die guineischen Eleven durchschnittlich zuhause bleiben. Unter außergewöhnlichen Umständen auch noch länger. Und es gibt immer außergewöhnlich Umstände… Rechnet man dazu noch die diversen anderen Ferien, die muslimischen, christlichen, atheistischen, privaten, nationalen und internationalen Feiertage und die unvermeidlichen Streiks, dann leuchtet ein, daß auf diese Weise nicht unbedingt die höchsten Höhen des Wissens erklommen werden können.

Um so überraschender war es, als Télimélés Abiturienten im letzten Schuljahr alle Rekorde sprengten. Gut 90% schafften damals ihr Bakkalaureat (kurz Bac genannt).

Dabei war dieses Ergebnis ganz natürlich erklärbar. Am Prüfungstag standen die Fachlehrer vor ihren jeweiligen Sälen und sammelten eine außerordentliche Prüfungskontribution ein. Für den Preis von zwei Tellern Reis mit Blättersoße bekamen die Schüler die Prüfungsergebnisse à la carte: Die Pädagogen schrieben sie an die Tafel. Mit dieser beinahe idiotensicheren Methode schaffte Télimélé den Sprung zur besten Präfektur des Landes.

Der Bildungsminister stand der wundersamen Wissensvermehrung äußerst ungläubig gegenüber. Weshalb er in diesem Jahr das Bac landesweit von Polizei und Gendarmerie überwachen ließ. Mit der verrosteten Dienstwaffe im Anschlag standen die Dorfsheriffs auf dem Appellplatz und unterzogen sämtliche Prüflinge einer Leibesvisitation. Anschließend patrouillierten sie das Gelände. Sie kannten keinen Pardon. Mein Freund Mamadou, der erst im elften Schuljahr ist, wollte nur eine Unterschrift im Sekretariat abholen. Pech gehabt. Wegen „verdächtigen Laufens über den Pausenhof“ wurden ihm die Hände auf dem Rücken in Handschellen gelegt und er verbrachte zwei Stunden am Fahnenmast.

Immerhin zeigten die drakonischen Maßnahmen ihre Wirkung: Es wurde sehr viel weniger gespickt und auch das pädagogische Personal hielt sich in diesem Jahr mit Lösungsvorschlägen zurück. Wer will schon gern die Nacht im Block verbringen… Dafür fiel die Erfolgsquote gnadenlos in den Keller. Von ungefähr 350 Prüflingen in Télimélé schafften sage und schreibe nur 20 ihr Bac. Nicht ganz 6 Prozent. Trotzdem reichte dieser Prozentsatz aus, um Télimélé zur viertbesten Präfektur des Landes zu machen.

Und die glorreichen Zwanzig? Die fühlen sich stolz wie Oskar. Und erzählen jedem, der’s wissen will, wie gut sich ein ehrlich verdienter Erfolg anfühlt. Na also: für’s Leben lernen wir.

Wir auch.

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